Ihrlerstein - ein junger Ort mit Geschichte
Ihrlerstein, welches heute an die 4000 Einwohner zählt und mit 23 Quadratkilometern Gemeindefläche eine der größten Flächengemeinden Bayerns ist, erstreckt sich nördlich Kelheims auf den waldreichen Ausläufen der Südlichen Frankenalb. Geschichtlich gesehen, scheint der Ort, der erst 1935 durch den Zusammenschluss von Neukelheim und Walddorf entstand, ein verhältnismäßig junger Ort zu sein. Und dennoch verfügt Ihrlerstein über eine sehr interessante Geschichte ...
1. Früh- und Vorgeschichte
Bodenfunde aus dem "Jagerloch" weisen darauf hin, dass bereits in der Mittelsteinzeit (10 000 8000 v. Chr.) Menschen hier lebten. Aber auch die ausgedehnten Hügelgräberfelder oberhalb des Ziegeltals, sowie die Vielzahl keltischer und frühmittelalterlicher Eisenschürfstellen in den umliegenden Wäldern bezeugen die frühe Anwesenheit des Menschen in unserem Gebiet.
2. Wie die "Brand" entstand
Noch bis 1500 reichte der "Ain- und Gmainwald" bis zum Herzberg, an dem die Kelheimer ihren Wein anbauten. Die Kelheimer Bürger, die damals vorwiegend von der Landwirtschaft lebten, drängten diesen Wald immer mehr zurück und legten darauf mit Hilfe der Brandrodung sogenannte "Prannten" an. Diese nutzten sie dann als Weidefläche für ihre Kühe. 1617 besaßen die Kelheimer schon 26 und 1698 bereits 140 solche "Prannten". Deshalb bürgerte sich für diese Gegend der Ausdruck "auf der Brand" ein.
3. Die Ortsgründung
Am Ende des 18. Jahrhunderts gab es auf unserem Gemeindegebiet außer einer Ziegelhütte und einem Jägerhaus kein Wohngebäude. Bis zu diesem Zeitpunkt war es verboten, feste Häuser hier zu bauen. Erst auf Befehl des bayerischen Kurfürsten Karl Theodor, der auf der Suche nach neuen Finanzquellen überall im Land Neusiedlungen anlegen ließ, gründete Joseph von Hazzi 1795 die "Colonie auf den Branden". Da der größte Teil der Siedler aus Kelheim stammte, verlieh Hazzi im Jahre 1803 der neuen Siedlung den Namen "Neukelheim". Im übrigen mussten die Siedler schon damals den Grund und Boden selbst bezahlen. Lediglich eine Steuerfreiheit von 25 Jahren wurde ihnen eingeräumt. Nachdem sich Neukelheim rasch ausdehnte und 1803 bereits 88 Siedlerstellen aufwies, ließ Hazzi auch im "Ain- und Gmainwald" roden und neue Siedlungen anlegen. So entstanden im Zeitraum von 1803 bis 1808 die Orte: Walddorf, Kleinwalddorf, Sausthal, Rappelshofen, Palmberg und Osterthal. 1822 lebten in diesen Neusiedlungen bereits 850 Einwohner. Bis zum Jahre 1830 stieg diese Zahl gar auf über 1000 Menschen an. Dieser enorme Zuzug machte natürlich das Ackerland knapp. Hunger und Not wurden so immer mehr die ständigen Begleiter der Siedler.
4. Jakob Ihrler der Namensgeber der Gemeinde
Der Steinabbau hat in unserer Heimat seit dem Mittelalter eine lange Tradition. Jedoch erst mit Jakob Ihrler wurde der hier anstehende Grünsandstein und der darunter liegende Kalkstein weit über Bayern hinaus bekannt und geschätzt. Zu vielen berühmten Bauwerken, wie z. B. für die alte Pinakothek, für die Glyptothek und für die Residenz in München, sowie für die Befreiungshalle in Kelheim lieferte Jakob Ihrler die Steine. Wer war dieser Jakob Ihrler?
Der am 16. August 1791 in Dietfurt an der Altmühl geborene Jakob Ihrler lernte in Kelheim bei seinem Stiefvater Marx das Steinmetzhandwerk. Nach dessen Tode übernahm er 1822 den Kelheimer Betrieb und lieferte die Steine zum Bau der Ludwigsbrücke in München. Hier war man von der Schönheit seiner Steine so angetan, dass er mit Aufträgen förmlich überhäuft wurde. Jedoch bereits nach einem Jahr war der alte "Grüne Bruch" beim Brünnerl erschöpft. Mit bewundernswertem geologischem Spürsinn aber auch mit hohem Risiko eröffnete er 1825 einen neuen Steinbruch. Dieser neue Bruch erwies sich bald als eine wahre Goldgrube.
Bisweilen beschäftigte Jakob Ihrler, der damals der größte Unternehmer im Bezirk Kelheim war, an die 200 Arbeiter. Der sozial eingestellte Ihrler gab so vielen Menschen in unserer Heimat Arbeit und Brot. Gemäß eines Gelübdes wollte Jakob Ihrler für die zahlreiche Einwohnerschaft eine Kirche errichten. Jedoch kam es dazu nicht mehr. Am 15. August 1852 beendete ein Schlaganfall sein rastloses Leben. Sein Schwiegersohn Carl Anton Lang erfüllte aber den Wunsch Ihrlers und erbaute in der Zeit von 1860 bis 1873 die Jakobskirche.
Als sich 1935 die Orte Neukelheim, Walddorf, Kleinwalddorf, Sausthal, Osterthal und Palmberg zu einer Großgemeinde zusammenschlossen und ein Name für die neuzubildende Gemeinde gesucht wurde, erinnerte man sich wieder an Jakob Ihrler. In Erinnerung an seine Verdienste für den Ort nannte sich die Gemeinde fortan Ihrlerstein.
5. Ihrlerstein eine Siedlungsgemeinde
Die Zeit nach 1945 hat Ihrlerstein besonders geprägt. Von 1700 Einwohner im Jahre 1945 schnellte die Bevölkerungszahl bis 1970 auf 3000 hoch. Nicht nur das Ortsbild, sondern auch die Sozialstruktur veränderte sich. Die landwirtschaftlichen Betriebe schrumpften immer mehr zusammen. Neue Siedlungen entstanden. In den 70er und 80er Jahren entwickelte sich Ihrlerstein dann zu einer ausgesprochenen Siedlungsgemeinde. Die ruhige Wohnlage, der landschaftliche Reiz des Juras und die herrlichen weitläufigen Wälder ließen Ihrlerstein zu einem begehrten Wohnort mit einem hohen Erholungs- und Freizeitwert werden.